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Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Menschenhandel / Frauenhandel: Welche Erkenntnisse liegen vor?

Der Handel mit Menschen ist weltweit ein lukratives Geschäft. Genaue Zahlen gibt es jedoch nicht. In den meisten Fällen handelt es sich um Frauenhandel, die zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung gehandelt werden, vieler-orts haben sich jedoch auch ertragreiche Strukturen des Menschenhandels zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft (MH/A) herausgebildet. Trotz vieler Vereinbarungen, Richtlinien und Regulierungen auf verschiedenen Ebenen ist sowohl die Situation der Betroffenen in Hinblick auf angemessenen Schutz und/oder Entschädigung als auch die Situation in Hinblick auf die Strafverfolgung wenig befriedigend.
Ich frage daher den Senat nach der Situation in Hamburg:
1. Wie bewertet der Senat oder die zuständige Behörde die Entwicklung des Frauen-/Menschenhandels in Hamburg im letzten Jahr?
2. Wie hat sich die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung sowie Menschenhandel (§§ 232, 233 StGB) in Hamburg seit 2009 entwickelt, wie viele Fälle davon sind jeweils angeklagt und abgeurteilt worden?
3. Welche Begleit- und Logistikstraftaten wurden im Zuge der Ermittlungsverfahren wegen Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung überwiegend festgestellt?
4. Wird mittlerweile erfasst, wie viele der Ermittlungsverfahren durch Anzeigen der Opfer, wie viele durch Anzeigen Dritter eingeleitet wurden und wie viele aus polizeilichen (Kontroll-)Maßnahmen resultieren?
Wenn ja, bitte auflisten.
5. Wie viele der seit 2009 festgestellten Opfer des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung waren minderjährig?
6. Wie viele der seit 2009 festgestellten Opfer des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung waren zum Tatzeitpunkt unter 14 Jahre alt?
7. Wie viele der seit 2009 festgestellten Opfer des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung waren weiblich? (Bitte nach Altersgruppen differenzieren.)
8. Wie hoch lag die Anzahl der seit 2009 durch die Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel e.V. (KOOFRA) betreuten Klientinnen?
9. In der Antwort auf Frage 1. in meiner SKA zum Menschenhandel vom Oktober 2009 (Drs. 19/4385) führt der Senat aus: "Die Ausübung der Prostitution von Frauen war vor dem Beitritt ihrer Herkunftsländer zur EU häufig mit Begleitkriminalität wie der illegalen Einreise/dem illegalen Aufenthalt und Urkundsdelikten verbunden. Mit der Legalisierung des Aufenthaltsstatus der Frauen entfielen entsprechende polizeiliche Kontrollergebnisse, das Erkennen von potenziellen Menschenhandelsopfern aus diesen Herkunftsländern wurde erschwert." Auf welcher Basis beantwortete der Senat meine Frage?
10. Wie viele Fälle des Menschenhandels zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft (§ 233 StGB) mit wie vielen Opfern (bitte nach Geschlecht differenzieren) wurden bis dato registriert? Wie viele Fälle davon sind jeweils angeklagt und abgeurteilt worden?
11. In der Antwort auf meine SKA zum Menschenhandel von 2009 (Drs. 19/4385) hieß es, "Straftaten wegen Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung gemäß § 232 StGB (beziehungsweise den Vorgängervorschriften in §§ 180 b, 181 StGB a. F.) werden bei der Staatsanwaltschaft in dem Sonderdezernat "Straftaten des Rotlichtmilieus" bearbeitet. Dieses Sonderdezernat besteht seit mehr als zehn Jahren und ist in einer Abteilung zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität angesiedelt."
a) Ist das weiterhin der Fall?
Wenn ja, ist eine andere Zuordnung angedacht?
Wenn nein, wo werden die Straftaten gemäß §232 StGB dann bearbeitet?
b) Wo werden Straftaten wegen Menschenhandels zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft gemäß § 233 StGB bearbeitet?
c) In welchen Bereichen wurden die Delikte nach § 232 und § 233 StGB seit 2009 schwerpunktmäßig verübt?
12. Wurde mittlerweile in Zusammenhang mit Delikten nach § 233 eine Arbeitsgruppe eingerichtet?
13. In der Antwort auf Frage 13. meiner SKA von 2009 zum Menschenhandel hieß es, "welche tatsächlichen Umstände die Tatbestandsmerkmale des § 233 StGB auszufüllen vermögen, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und ist keiner pauschalierten Beantwortung zugänglich." Ist es dem Senat mittlerweile möglich, Indikatoren zur Identifizierung von Opfern von Zwangsarbeit beziehungsweise Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft, die in Hamburg zur Anwendung kommen, zu benennen?
14. In der Antwort zu Frage 15. meiner SKA hieß es: "Ein Bestandteil dieses Konzeptes ist es, Prostituierte gezielt anzusprechen, um Vertrauen zu den Strafverfolgungsbehörden aufzubauen und hierdurch die Zahl der Strafanzeigen von Opfern zu erhöhen." Inwieweit ist dies gelungen? Wie schätzt der Senat die Folgen des harten Vorgehens gegen Prostitution im Sperrgebiet St. Georg in Bezug auf das Vertrauensverhältnis der Prostituierten zur Polizei ein?
15. Wie viele Opferzeuginnen beziehungsweise Opferzeugen haben in Hamburg seit 2009 nach Prozessende ein Bleiberecht aus humanitären Gründen erhalten?
16. In Berlin-Brandenburg gibt es seit 2009 das Berliner Bündnis gegen Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung (BBGM). Es richtet sich an Organisationen, Institutionen und Berufsgruppen, die mit Betroffenen des MH/A in Kontakt kommen können. Dies sind zum Beispiel Migrations-, Arbeits- oder Gesundheitsberatungsstellen, Migrantenselbstorganisationen, Gewerkschaften, Polizei, Zoll, Staatsanwaltschaft oder sonstige Behörden. Sie sollen in die Lage versetzt werden, Betroffene dabei zu unterstützen, einen Ausweg aus der Menschenhandelssituation zu finden, ihre Menschenrechte und ihre Rechte aus ihrer Arbeit einzufordern. Zudem soll die Strafverfolgung von MH/A verbessert werden. Ziel ist es, für die vorgenannten Handlungen einen kooperativen Ansatz mit allen relevanten Akteuren zu entwickeln. Gibt es ähnliche Ansätze/Projekte hierzu in Hamburg?
Wenn ja, welche?
Wenn nein, warum nicht?

Kleine Anfrage

Hamburgische Bürgerschaft
18.10.2010
Drucksache: 19/7603

Von den Abgeordneten:
Gabi Dobusch

Antwort des Senats



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