Aktualisiert: 30.01.2012
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 20. Wahlperiode - 48. Sitzung am 12. Dezember 2012
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Wersich, Sie übertreiben immer so furchtbar.
(Dietrich Wersich CDU: Sie aber auch!) Das ist überhaupt nicht nötig, dazu gibt es gar keinen Anlass.
(Anja Hajduk GRÜNE: Da fragen Sie doch mal die Kulturschaffenden!)
Meine Kolleginnen und Kollegen in Berlin haben sich übrigens gerade auf den Weg gemacht, Kunst und Kultur im Grundgesetz zu verankern, damit die geistig-ideellen Lebensressourcen der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land gerade in Zeiten der Schuldenbremse geschützt sind.
(Jens Kerstan GRÜNE: Selber kriegen Sie das ja nicht hin!)
Kulturförderung ist aus SPD-Sicht – bitte, hören Sie genau zu, Herr Wersich – nicht einfach nur nice to have, das ist keine Quantité négligeable für uns, sondern es ist eine überaus angenehme Pflicht.
(Beifall bei der SPD)
In Hamburg haben wir deshalb in zweierlei Hinsicht dafür gesorgt, dass der Kulturhaushalt sich sehen lassen kann. Zum einen haben wir nach SchwarzGrün die Herkulesaufgabe in die Hand genommen, die lange Liste der sanierungsbedürftigen Kultureinrichtungen abzuarbeiten. Wir haben einen wesentlichen Anteil des Sanierungsfonds auf Kultur verwandt.
(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)
Darauf hat mein Kollege Andreas bereits gestern hingewiesen: Deichtorhallen, St. Nikolai, St. Katharinen, eine Synagoge, die Bibliothek, die Sternwarte, das Planetarium, die Fabrik.
(Christiane Schneider DIE LINKE: Ihr seid großartig!)
Sie merken schon, meine Damen und Herren, an allen Ecken und Enden der Stadt, in vielfältigen Bereichen der Kultur war Not am Mann oder der Frau, wie auch immer Sie das sehen wollen, und wir haben gehandelt.
(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GRÜNE: Fremde Federn, gerade!)
Eine Institution lag uns dabei besonders am Herzen, weil sie zum Fundament der Kultur in dieser Stadt gehört, und das ist die HÖB.
(Anja Hajduk GRÜNE: HÖB, denen geht's
besonders schlecht!)
Hamburgs Öffentliche Bücherhallen mit 32 Standorten, Webangeboten und zwei Bücherbussen, mit Spezialangeboten für Kinder und Jugendliche versorgen Hamburg auf beispiellose Art und Weise mit Wissen und mit teils wunderschönen, teils supermodernen Lese- und Lernorten im Herzen der Stadt und vor Ort.
(Anja Hajduk GRÜNE: Sie müssen da mal
hingehen! Die sind ganz unglücklich!)
Dass dies so ist – übrigens trotz diverser Konsolidierungswellen und Sparvorgaben von SchwarzGrün –, zeugt von der enormen Gestaltungskraft, von Kompetenz und Mut, die die HÖB ausmachen. Damit das auch so bleibt, was heißen soll, damit die HÖB sich weiterentwickeln kann
(Dietrich Wersich CDU: Werden die Tarifsteigerungen ersetzt?)
und wir der Vision der Kultur für alle einen weiteren Schritt näher kommen, haben wir beschlossen, den Einzelplan 3.3 maßgeblich aufzupolstern mit 2,6 Millionen Euro sofort und einer Erhöhung der Verpflichtungsermächtigung für 2014 um 400 000 Euro.
(Beifall bei der SPD)
Das ist übrigens – wo ist Frau Blömeke? – wieder eines dieser stur eingehaltenen Wahlversprechen. (Jens Kerstan GRÜNE: Trostpflaster sind das! Trostpflaster!)
Zur Grundlage der Kulturmetropole Hamburg gehören neben vielen anderen Einrichtungen das Thalia Theater und das Deutsche Schauspielhaus, beides große, mit überregionalen Preisen überschüttete Häuser,
(Andreas C. Wankum CDU: Noch zu unse-
rer Zeit!)
die uns lieb und teuer sind – danke, Herr Lux, willkommen Frau Beier –, und denen wir gern mit Sanierungsmitteln zur Seite stehen, sei es, dass es um Denkmalschutz geht, sei es, dass es um Klimaanlagen, Brandschutz und so weiter geht. Wir wollen ihnen die nötige Luft für kreative Höhenflüge auch in Zukunft geben.
(Beifall bei der SPD)
Zu den Grundlagen gehört aber auch das Gedächtnis der Stadt, und das sind die Museen. (Anja Hajduk GRÜNE: Oder wird es noch
schlimmer?)
Welch langer Weg liegt seit dem Regierungswechsel bereits hinter uns. Von der angedrohten Schließung eines der traditionsreichsten Häuser, also der geplanten Ausradierung des Museumsstandorts Altona von der Landkarte, bis hin zum geänderten Museumsstiftungsgesetz, das den Erhalt der Museen garantiert.
(Beifall bei der SPD)
– Da können Sie ruhig lachen, wir machen das. Welch weiter Weg von einem ineffizienten, unproduktiven und ungeliebten Zusammenschluss von Museen hin zu einer starken Kernstiftung und bürgernaher Verselbstständigung beziehungsweise Wiederverselbstständigung zweier Häuser. (Zurufe von den GRÜNEN)
Im Falle des Helms-Museums setzen wir jetzt noch einen drauf. 2,15 Millionen Euro aus dem Sanierungsfonds gehen nach Harburg, um den im Museumsgebäude eingerichteten Theatersaal zu sanieren. Harburg bekommt damit nicht nur sein angestammtes Museum wieder, sondern es bekommt ein veritables kulturelles Zentrum.
(Beifall bei der SPD)
Ähnliches gilt für Bergedorf, das mit dem Museum im Schloss, mit dem Rieck-Haus und der sanierten und zum Weltkulturerbe angemeldeten Sternwarte nun eine kleine, aber sehr feine Museumslandschaft bekommen wird.
(Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei den GRÜNEN)
Meine Damen und Herren! Sie sehen, dass wir nicht mehr einseitig auf Leuchttürme und dirigistische Kultur von oben setzen.
(Jens Kerstan GRÜNE: Nee, sondern Provinz pur! Dorfbürgermeister!)
Wir setzen auf Vielfalt, wir setzen auf Dezentralität, auf Bürgernähe, auf Teilhabe und auf die Einbindung neuer Zielgruppen.
(Glocke)
Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel (unterbrechend): Frau Dobusch, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wersich?
Gabi Dobusch SPD (fortfahrend): Nein. Sie können gern nachher noch einmal reden.
Die Einbindung von Nachbarschaft und neuen Zielgruppen ist angesichts der nachwachsenden Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund und der fortdauernden, mit der sozialen Spaltung einhergehenden kulturellen Spaltung eine der vordringlichsten Aufgaben der Kulturarbeit in den nächsten Jahren.
(Dietrich Wersich CDU: Warum kürzen Sie denn da?)
Der Kulturhaushalt kann sich aber auch deshalb sehen lassen, weil wir mit der Kultur- und Tourismustaxe eine Mehreinnahme schaffen werden, (Jens Kerstan GRÜNE: Etikettenschwindel, nichts weiter! Wirtschaftsförderung ist das!) die überwiegend der Kultur zugutekommt und Hamburg als Kulturstandort mit großer Außenwirkung stärken wird.
(Beifall bei der SPD – Zurufe von Jens Kerstan GRÜNE)
– Ich weiß, Sie haben ein schlechtes Gewissen. Trotzdem machen wir jetzt gute Politik. (Beifall bei der SPD)
Dadurch wird es möglich werden, die Ausstellungsmittel der Museen zu erhöhen. Dadurch wird es möglich werden, Festivals gut aufzustellen und auch kleinere Einrichtungen ins Marketing oder ins Ticketing einzubinden. Die haben gar nichts dagegen, die haben auch etwas davon. Dadurch wird es möglich, einen Elbkulturfonds einzurichten und der äußerst lebendigen freien Szene dieser Stadt, den innovativen internationalen Projekten, entscheidende Impulse zu geben.
(Beifall bei der SPD)
Unser Ziel ist es, Wege zu finden,
(Dietrich Wersich CDU: Aus der Dunkelheit!) wie auch bei begrenzten Ressourcen Kultur ermöglicht und Räume für künstlerische Entfaltung, für Kreativität offengehalten beziehungsweise geschaffen werden können. Deshalb werden weiterhin bis zu 300 000 Euro im Zwischennutzungsfonds zur Verfügung stehen, deshalb unterstützen wir weiterhin die Kreativgesellschaft, die neue Wege sucht oder auch bahnt, irgendwo zwischen Wirtschaft und Kunst, Kultur und Kreativität. Kunst und Kultur sind für eine Demokratie unabdingbare geistig-ideelle Lebensressourcen. Diese gilt es, allen Hamburgerinnen und Hamburgern zu erhalten und zugänglich zu machen, gleich ob jung oder alt, ob urdeutsch oder frisch zugewandert. Dem fühlen wir uns verpflichtet. – Vielen Dank
(Beifall bei der SPD)