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INTEGRATION

Teilhabe und Selbstbestimmung

Die ganze Stadt im Blick
Altona weiter vorn

Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Menschenhandel

Aktualisiert: 30.01.2012

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 20. Wahlperiode - 62. Sitzung am 27. März 2013

Frau Pr­äsid­ent­in, mei­ne Da­men und Her­ren! Das Ph­änom­en Men­schen­han­del ist alt und als Geschäftsm­od­ell of­fen­bar nicht aus­zu­rot­ten, weil höchst wan­del­bar und da­her auch re­sis­tent. Die Wa­re Mensch ver­spricht auch im 21. Jahr­hun­dert und auch hier bei uns im­mer noch sat­te Ge­winn­mar­gen bei mi­ni­ma­lem Ri­si­ko. Die da­mit ver­bun­de­nen men­schen­ver­ach­ten­den Prak­ti­ken gilt es al­so zu bekämpf­en, die Geld­str­öme einzu­dämmen und die Täter zu ver­ur­tei­len – mit al­ler Macht, mit al­ler Kon­se­qu­enz, und zwar hier bei uns in Eu­ro­pa und welt­weit.
(Bei­fall bei der SPD – Glo­cke) Pr­äsid­ent­in Ca­ro­la Veit (un­ter­b­re­chend): Ver­zei­hen Sie, Frau Do­busch. – Mei­ne Da­men und Her­ren, so funk­tio­niert das nicht. Ich möchte Sie noch ein­mal bit­ten, ent­we­der hin­aus­zu­ge­hen, wenn Sie sich läng­er un­ter­hal­ten möchten, oder zuz­uhören. – Frau Do­busch, bit­te.
Ga­bi Do­busch SPD (fort­fah­rend): An­de­rer­seits aber, und dies kommt häuf­ig zu kurz, ist es un­se­re Pf­licht, zunächst und vor al­lem den­je­ni­gen zu hel­fen, die, aus wel­chen Gründen ­auch im­mer, Op­fer die­ser skru­pel­lo­sen Men­schenhändl­er wur­den. Auf EU-Ebe­ne hat man das er­kannt. Mit der Richt­li­nie zur Verh­ütung und Bekämpf­ung des Men­schen­han­dels und zum Schutz sei­ner Op­fer von 2011 wur­den die Mit­g­lieds­staa­ten auf­ge­for­dert, ih­re Haus­auf­ga­ben zu ma­chen und na­tio­na­les Recht an­zu­pas­sen. Das war auch höchste Zeit. Und was macht die Bun­des­re­gie­rung? Zwei Jah­re lang gar nichts. Und nun, nach Ablauf der Frist En­de März, ver­fällt man in pa­nik­ar­ti­ge Hek­tik und ver­sucht, ei­nen völlig un­zulängl­ic­hen Ge­setz­ent­wurf in un­zu­mut­ba­rer Wei­se inn­er­halb we­ni­ger Ta­ge durch­zu­peit­schen.
(Ro­land Heint­ze CDU: Das ken­nen Sie doch aus Ham­burg!) So wird man die­sem kri­mi­nel­len Ge­sche­hen und auch den Op­fern nicht ge­recht, die oft jah­re­lan­ge Mar­ty­ri­en hin­ter sich ha­ben. So wird man auch nicht dem neue­ren Straf­tat­be­stand, dem Men­schen­han­del zum Zwe­cke der Aus­beu­tung der Ar­beits­kraft, ge­recht, der im­mer noch zu we­nig An­wen­dung fin­det. Da­bei fin­den wir in die­sem Be­reich mitt­ler­wei­le Aus­beu­tungs­verhältn­isse ganz neu­er Art, in Ham­burg bei­spiels­wei­se den Ta­gelöhne­rma­rkt. Hier gilt es, die da­hin­ter­lie­gen­den Struk­tu­ren auf­zu­de­cken. Des­halb be­fasst sich nun auf In­i­tia­ti­ve der SPD-Frak­ti­on der Run­de Tisch "Fair­ness und kla­re Re­geln am Ham­bur­ger Ar­beits­markt" mit die­sem wich­ti­gen The­ma.

(Bei­fall bei der SPD) Mei­ne Da­men und Her­ren! Was wir drin­gend brau­chen, ist ein bes­se­rer Schutz und ei­ne bes­se­re Fürsorge für die Op­fer des Men­schen­han­dels, die­ses schwe­ren Ver­b­re­chens. Es sind überwieg­end Frau­en, aber auch Männ­er, Mädc­hen und Jun­gen. Die­se brau­chen zum Bei­spiel Ver­bes­se­run­gen beim Blei­be­recht, un­ter Umständ­en auch ent­kop­pelt von der Mit­wir­kung am Straf­ver­fah­ren, da die Op­fer häuf­ig un­ter Druck ste­hen und er­presst wer­den. Wir brau­chen ei­ne An­pas­sung des deut­schen Rechts, um den Nach­weis von Men­schen­han­del zu er­leich­tern, und wir brau­chen wahr­schein­lich ei­ne Verläng­er­ung der Ver­jähr­ungsf­rist­en, denn vie­le Op­fer sind erst nach Ih­rer Ge­ne­sung in der La­ge und be­reit, aus­zu­sa­gen, von den zi­vil­recht­li­chen Mögli­chke­iten im Hin­blick auf Ent­sch­ädig­ung und so wei­ter ein­mal ganz ab­ge­se­hen. Hier be­steht drin­gen­der Hand­lungs­be­darf, denn die Zahl der Op­fer ist in den letz­ten Jah­ren kon­ti­nu­ier­lich ge­s­tie­gen, währ­end die Zahl der Ver­ur­tei­lun­gen ste­tig sinkt, ein skan­dalöser und nicht hin­nehm­ba­rer Zu­stand.
(Bei­fall bei der SPD) In Ham­burg hat die vor­bild­lich ar­bei­ten­de Ko­or­di­nie­rungs­s­tel­le ge­gen Frau­en­han­del, KOO­F­RA, in 2012 54 Fälle be­t­reut: 53 Frau­en, 1 Mann, da­von 2 Fälle im Zu­sam­men­hang mit Men­schen­han­del zum Zwe­cke der Aus­beu­tung der Ar­beits­kraft. Wir wer­den un­se­rer Ver­ant­wor­tung nach­kom­men, in­dem wir das The­ma im Rah­men des Lan­des­ak­ti­ons­plans ge­gen Ge­walt an Frau­en und im Rah­men des Op­fer­schutz­plans auf­g­rei­fen – dann auch ger­ne in den Ausschüssen, Frau von Treu­en­fels –, im Rah­men von länd­erübergr­eif­e­nden Ak­ti­vit­äten wie der Ost­see­par­la­men­ta­rier­kon­fe­renz, aber auch im Bun­des­rat, um der Bun­des­re­gie­rung ge­ge­be­nen­falls Bei­ne zu ma­chen. Denn die la­xe Hal­tung, die die­se ge­gen­über dem Men­schen­han­del, die­sen mas­sivs­ten Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen, ein­nimmt, ist nicht hin­nehm­bar.
(Bei­fall bei der SPD) Das nun in letz­ter Mi­nu­te vor­ge­leg­te Ge­setz ist kei­ne den Tat­beständ­en ge­recht wer­den­de ad­äquate Um­set­zung der EU-Richt­li­nie. Da gibt es Nach­bes­se­rungs­be­darf, und den for­dern wir ein, denn den Op­fern von Men­schen­han­del muss ge­hol­fen wer­den – mit al­ler Macht, mit al­ler Kon­se­qu­enz, und zwar welt­weit, in Eu­ro­pa und auch hier bei uns. – Vie­len Dank.
(Bei­fall bei der SPD)



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