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TOLERANZ

Neben und miteinander

Die ganze Stadt im Blick
Altona weiter vorn

Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Gender Budgeting: Instrumente des geschlechtergerechten städtischen Haushalts weiterentwickeln

Die Gleichstellungswirksame Haushaltssteuerung (GWHS), bekannter unter dem Begriff Gender Budgeting, ist ein zentrales Instrument, die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter in Hamburg zu fördern. Die Einführung der GWHS, die in Hamburg im Jahre 2021 nach einem langjährigen Prozess durch eine Änderung der Landeshaushaltsordnung umgesetzt wurde (Drs. 22/3184), ist ein bedeutender und bundesweit beispielhafter Schritt gewesen, um den städtischen Haushaltsplan stärker auf die gleichstellungspolitischen Ziele auszurichten: Bei der Aufstellung eines Haushaltsplanes wird dessen Auswirkung auf die Geschlechter beleuchtet. Art und Umfang der zu erbringen Leistungen werden auch durch gleichstellungspolitische Ziele, Kennzahlen und Kennzahlenwerte dargestellt und ermächtigt. Im Falle eines Ungleichgewichts sollen die Behörden und Ämter ihre Voranschläge in Richtung der tatsächlichen Gleichstellung aufstellen. Die beabsichtigten Ergebnisse und Wirkungen der Produkte sollen auf die Beseitigung bestehender Nachteile der Geschlechter hinwirken.

Gender Budgeting ergänzt somit in Hamburg das Gleichstellungspoltische Rahmenprogramm (GPR) und den Gleichstellungsmonitor um einen weiteren Aspekt: die Tatsache, dass Finanzentscheidungen und -maßnahmen auf gesellschaftliche Geschlechterverhältnisse wirken und der städtische Haushaltsplan Spiegel politischer Prioritätensetzung ist.

Schon zur Einführung der GWHS war klar: Vor dem Hintergrund, dass Gender Budgeting noch vergleichsweise neu für die Hamburger Verwaltung ist, muss von allen Akteur:innen in Verwaltung, Senat und Bürgerschaft daran gearbeitet werden, die GWHS stetig weiterzuentwickeln.

Hier ist erstens die fachliche Expertise der Mitarbeitenden in den Fachbehörden gefragt. Dabei müssen die Behördenleitungen sicherstellen, dass die Leistungen und Produkte ihrer Behörden und Ämter, wo fachlich geeignet, auf die Ziele der Gleichstellung ausgerichtet werden und im Rahmen der verfügbaren Mittel genügend Ressourcen vorhanden sind. Ebenso braucht es im Rahmen der bereits bestehenden Berichte eine fundierte Berichterstattung über die jeweiligen Vorhaben der Behörden, damit das Gesamtkonzept zur Gleichstellung sinnvoll dargestellt werden kann. Zudem brauchen die zuständigen Stellen in den Fachbehörden haushalterische Kompetenz, da hier in dezentraler Verantwortung die Vorschläge zu den Einzelplänen aufgestellt werden.

Zweitens müssen gleichstellungspolitische gesellschaftliche Entwicklungen aufgenommen werden, und die Verwaltung muss niedrigschwellig Zugriff auf die entsprechende genderfachliche Expertise erhalten. Diesen Prozess unterstützt die Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke z. B. mit Handreichungen zur GWHS mit Fokus auf die Genderkompetenz.

Drittens unterstützt die Finanzbehörde die Behörden und Ämter insbesondere mit Handreichungen und Informationsveranstaltungen zur Wirkungsorientierung und Nachhaltigkeitssteuerung sowie mit der Koordinierung des Austausches zu Fragen der GWHS.

Ein weiteres wichtiges Element ist es, die im Hamburger Haushaltsplan mit den Gender-Kennzahlen (G-Kennzahlen) gemessenen Ziele zur Gleichstellung weiterzuentwickeln. Mit ihnen kann die Wirkung auf die Gleichstellung abgebildet und der Grad der Gleichstellung gesteuert werden. Zwar hat sich die Anzahl der G-Kennzahlen im Jahre 2024 seit dem ersten Bericht des Senats im Jahr 2022 deutlich erhöht, jedoch ist der Grad der Steuerung bisher nicht zufriedenstellend. Dies zeigen die ersten Auswertungen der Drucksachen zum Hamburger Haushaltsplan und den dort genutzten G-Kennzahlen. Diese beschränken sich in vielen Fällen auf die Darstellung des Geschlechteranteils in einzelnen Maßnahmen oder in den Ebenen der Fachbehörden. Dadurch allein kann keine ausreichende steuernde Wirkung erzielt werden. Durch die Größe der Produkte sind Wirkung und Grad der Gleichstellung durch G-Kennzahlen derzeit schwer messbar. Hier wäre mehr Transparenz zielführend, um im ersten Schritt nachvollziehen zu können, wohin die Ermächtigungen fließen. Zudem bedarf es für die Steuerung der Darstellung der gleichstellungspolitischen Ziele und konkreter Maßnahmen zurr Erreichung dieser Ziele in den Einzelplänen der Fachbehörden sowie insbesondere in dem Bericht über die gleichstellungswirksamen Haushaltsplanziele und -kennzahlen der Fachbehörden.


Es bedarf also einer deutlichen Weiterentwicklung der Leistungszwecke, die aus Produkten, Zielen, Kennzahlen und Kennzahlenwerten bestehen zu solchen, die eine tatsächliche Steuerung schaffen hin zu dem Ziel, Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung der Geschlechter herzustellen.

Damit die GWHS gemeinsam mit dem Gleichstellungsmonitor und dem Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm ihre volle Wirkung entfalten kann, sollten folgende Maßnahmen kurz- und mittelfristig in den Blick genommen werden:

- Das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm und der Gleichstellungsmonitor müssen - soweit möglich - inhaltlich und strukturell innerhalb der Fachbehörden und behördenübergreifend mit der GWHS gekoppelt werden.

- In den zweijährlichen Berichten über die gleichstellungswirksamen Haushaltsplanziele und -kennzahlen nach Drs. 22/7028 muss konkret beschrieben werden, wie die jeweilige Behörde mit ihren Produkten zur Herstellung der tatsächlichen Gleichstellung beiträgt. Die Behörden und Ämter müssen herausarbeiten, wie ihre Produkte und Leistungen zur Durchsetzung der tatsächlichen Herstellung der Gleichstellung der Geschlechter beitragen und dies konkret in den Bericht in Bezug auf ihren jeweiligen Einzelplan darstellen.

- Bei der Erarbeitung der G-Kennzahlen muss die Steuerungswirksamkeit im Vordergrund stehen - das bisher in den überwiegenden Fällen genutzte Aufzählen von Frauenanteilen ist dafür nur eingeschränkt geeignet. Es muss außerdem sichergestellt sein, dass gleichstellungspolitische Expertise genutzt wird, damit Begriffe nicht beliebig werden.

- Eine Befassung der Fachausschüsse mit den betreffenden G-Kennzahlen bzw. dem Bericht über die gleichstellungswirksamen Haushaltsplanziele und -kennzahlen über den Haushaltsausschuss und den Ausschuss für Gleichstellung und Antidiskriminierung hinaus ist von Nöten, um dem Querschnittscharakter der GWHS gerecht zu werden.

- Darüber hinaus ist eine Verstetigung der 2024 stattgefundenen Fachtage oder anderer Formate angebracht, damit die jeweils zwischenzeitlich gesammelte Expertise zwischen Akteur:innen aller Ebenen auch über die Landesgrenzen hinaus ausgetauscht werden kann und die Erkenntnisse jeweils für die Erstellung des nächsten Haushaltes genutzt werden können.


Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. weiter daran zu arbeiten, die Gleichstellungswirksame Haushaltssteuerung sowohl inhaltlich als auch prozessual enger mit dem Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm und dem Gleichstellungsmonitor zu verknüpfen;

2. zu prüfen, wie gleichstellungsfachliche Beratung und Analyse stärker bei der Erarbeitung sowie bei der Steuerung von Gleichstellungskennzahlen implementiert werden kann;

3. zu prüfen, inwiefern die gemeinsamen Fachtage der Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung und der Finanzbehörde oder ähnliche Formate verstetigt werden können;

4. die gleichstellungspolitischen Ziele im Bericht über die gleichstellungswirksamen Haushaltsplanziele und -kennzahlen weiterzuentwickeln und dabei vermehrt den Fokus auf eine steuernde Wirkung zu legen;

5. der Bürgerschaft zum Equal Pay Day 2026 zu berichten.

Antrag

Hamburgische Bürgerschaft
12.02.2025

Von den Abgeordneten:
Julia Barth-Dworzynski, Cem Berk, Gabi Dobusch, Martina Friederichs, Astrid Hennies, Danial Ilkhanipour, Regina Jäck, Simon Kuchinke, Iftikhar Malik, Baris Önes, Milan Pein, Mathias Petersen, Britta Schlage, Markus Schreiber, Sören Schumacher, Tim Stoberock, Sven Tode, Michael Weinreich, Ekkehard Wysocki



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