Stadthaus
Stigma
Bereits in 2019 war die Entscheidung im Wettbewerb um ein Gedenken vor den Stadthöfen, also im öffentlichen Raum, gefallen.
Missing icons erzielten den Zuschlag. Alle Bewerbungen waren im Rahmen einer Ausstellung im Hanse-Viertel zu sehen gewesen. Nun harrt der Entwurf seiner Umsetzung - die Vorbereitungen sind getroffen, aber noch lassen die Bodentemperaturen die Fertigstellung nicht zu.
Parallel gab es weitere Entwicklungen im Stadthaus selbst. Die Buchhandlung „Lesesaal“ musste schließen - damit musste ein neues Konzept für den Geschichtsort Stadthaus gefunden werden. Die Verpflichtung der Eigentümerin der Immobilie, den „Geschichtsort Stadthaus“ dauerhaft zu realisieren und die öffentliche Zugänglichkeit sicherzustellen, besteht weiterhin. Die Gespräche laufen.
Gedenkstätte Stadthaus
Ausstellung Stadthausbrücke
Die Stadt habe diese Thematik beschämend lange vernachlässigt - so der Kultursenator Dr. Carsten Brosda in einer der vielen Ausschusssitzungen um Thema. Erst unter Druck der Gewerkschaften und des Personalrates habe eine Kennzeichnung des Gebäudes mit Erwähnung der dort stattgefundenen Verbrechen stattgefunden. Aktuell habe man die Chance, einen anderen Umgang mit der Geschichte des Hauses in Angriff zu nehmen, weshalb sie ihren Blick darauf richteten, wie dort ein angemessener und würdiger Ort entstehen könne.
Allerdings: Das Gebäude ist vom CDU/Grün-geführten Senat an einen privaten Nutzer mit bestimmten Auflagen veräußert worden. Die seinerzeit vereinbarte Bruttoflächen wurden umgesetzt - nach Prüfung vertragsgetreu, auch wenn die Erwartungen ganz andere waren. Mit der jetzigen Konzeption wird es einen dreiteiligen Ort aus Ausstellungsfläche, Buchhandlung und Café geben sowie dazu den rund um die Uhr zugänglichen Arkadengang, in dem die Baugeschichte – inklusive der NS-Geschichte – dargestellt wird, und dem sogenannten Seufzergang, der eine konzentrierte, zurückgezogene Präsentation von Inhalten ermöglicht. Begleitet wird der Ort durch die KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Deutlich wurde auch, dass Vieles nicht möglich sein wird und an anderer Stelle realisiert werden muss.
Auf Antrag von SPD/Grün wurde 2019 eine wissenschaftliche Stelle besetzt, die an die KZ-Gedenkstätte Neuengamme angedockt ist, und die Aufgabe hat, den Geschichtsort Stadthaus stärker als bisher in der Stadtgesellschaft sichtbar zu machen. Die Dauerausstellung „Das Stadthaus im Nationalsozialismus. Eine Zentrale des Terrors“ wurde im Januar 2020 eröffnet.
[Drs. 21/15394 und 21/18264: Eine dem Erinnerungsort angemessene wissenschaftliche Begleitung ermöglichen]
Koloniales Erbe aufarbeiten und sichtbar machen!
Maske im MARKK
Hamburgs Geschichte als alte Kaufmannsstadt ist in unseren Museen gut dargestellt und findet sich im Stadtbild wieder. Für die dunkle Zeit des Nationalsozialismus sind zahlreiche bauliche Überreste, Denkmäler und andere Erinnerungsorte sichtbar oder sichtbar gemacht worden. Einen Mangel gibt es jedoch, nicht nur in Hamburg, sondern deutschlandweit, in Bezug auf einen weiteren düsteren Teil der Geschichte – der Verknüpfung Deutschlands mit der kolonialen Ausbeutung des afrikanischen Kontinents. Nicht nur Hamburgs Bedeutung als wichtigste Hafenstadt Deutschlands im Rahmen des Kolonialismus, sondern auch die eurozentrische Darstellung afrikanischer Lebensweisen und Kultur gilt es aufzuarbeiten, kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls korrigierend und einordnend darzustellen. Dieser wichtigen Aufgabe hatte sich der Senat auf Betreiben der SPD-Fraktion frühzeitig angenommen und ein umfassendes Erinnerungs- und Aufarbeitungskonzept beschlossen. Hierbei ging es nicht nur darum, die vorhandenen Relikte kolonialen Erbes in Hamburg aufzuspüren, kritisch einzuordnen und kenntlich zu machen – erinnert sei hier z.B. an den Geschichtsgarten in Jenfeld und das Askari Relief – sondern vor allem darum, eine wissenschaftliche Erforschung anzuschieben. Besonders wichtig war mir die Verknüpfung und Kooperation mit unserer Partnerstadt Dar es Salaam in Tansania. Die Kooperation z. B. mit einem Tandempromotionsprogramm eröffnete Räume und Möglichkeiten für eine neue Sicht. Auch die Einrichtung der Forschungsstelle „Hamburgs (post-)koloniales Erbe / Hamburg und die frühe Globalisierung“ war wegweisend.
Seit Ende der 1990er Jahre haben verschiedene zivilgesellschaftliche Gruppen, unter ihnen insbesondere die Black Communities und People of Color, mit hohem Engagement und großer Kreativität das Thema in die öffentliche Aufmerksamkeit gebracht. Die Einrichtung des Runden Tisches Koloniales Erbe und der Kommission zum Umgang mit NS-belasteten Straßennahmen sowie die Berufung des Beirats zur Dekolonisierung Hamburgs stellen weitere Bausteine auf einem langen Weg dar.
Die Hamburger Museen sind schon weit fortgeschritten damit, die Kolonialgeschichte Hamburgs neu zu repräsentieren und koloniale Provenienzen von Sammlungsobjekten zu erforschen und die Frage der Restitution zu klären. Das MARKK - ehemals Völkerkundemuseum - zeigt wegweisend, wie es gehen kann. Das zukünftige Hafenmuseum wird ebenfalls seinen Teil dazu beitragen.
Deserteurdenkmal am Dammtor
Baubeginn Deserteurdenkmal
Im Juli 2015 wurde mit dem Bau des Deserteurdenkmals am Standort Stephansplatz/ Dammtor begonnen, im November 2015 eröffnet. Im Juni 2012 hatte die Bürgerschaft einstimmig die Errichtung eines Gedenkortes für Deserteure und andere Opfer der NS-Militärjustiz in unmittelbarer Nähe zum so genannten "Kriegsklotz" beschlossen. Ein 15-köpfiger Beirat, dem ich angehört hatte, erarbeitete dann die Grundlagen für einen internationalen Gestaltungswettbewerb. Ausgewählt wurde der Hamburger Künstler Volker Lang. Er erläuterte anlässlich des Baubeginns den Entstehungsprozess für die Umsetzung seines Entwurfs der ein begehbares bronzenes Dreieck bestehend aus Schriftzügen vorsieht. Die Texte der Schriftgitter stammen aus dem Werk „Deutschland 1944“ von Helmut Heißenbüttel und sind auch als Audioinstallation am Ort zu hören. Die historischen Informationen zum Gedenkort für Deserteure und andere Opfer der NS-Militärjustiz werden als Schrift auf der gefalteten Betonwand angebracht.
Kultursenatorin Barbara Kisseler erinnerte daran, dass mit dem Vorhaben eine Opfergruppe, die lange Zeit nicht anerkannt war, in das Bewusstsein gerückt werden soll. Ein sichtlich bewegter Ludwig Baumann sprach schließlich aus Sicht der Deserteure.
Voraussichtlich im November wird die Realisierung abgeschlossen sein.
Unterstützung Förderkreis Mahnmal St. Nikolai
Besichtigung Mahnmal St. Nikolai
Wegen der seit 2013 laufenden - insbesondere aus dem Sanierungsfonds Hamburg 2020 finanzierten - umfassenden Sanierung des Turmes der ehemaligen Hauptkirche St. Nicolai, die eine komplette Einrüstung erforderlich gemacht hatte, waren die Einnahmen aus dem Betrieb des Panoramalifts dramatisch zurückgegangen. Damit war die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des privaten Förderkreises Mahnmal St. Nikolai e.V. gefährdet, der das in der Krypta der Ruine untergebrachte Dokumentationszentrum betreibt. Das Zentrum war 2012/13 mit Unterstützung der Stadt aufwändig umgebaut und erweitert worden und beherbergt seit der Wiedereröffnung im Herbst 2013 auch die international beachtete Dauerausstellung "Gomorrha 1943 - Die Zerstörung Hamburgs im Luftkrieg".
Die Bürgerschaft hatte daher auf Antrag meiner Fraktion beschlossen, aus Mitteln des Investitionsfonds Hamburg 2010 (SIP-Fonds) für das Jahr 2015 einen Betrag von bis zu 100.000 Euro bereitzustellen, um den Betrieb des Mahnmals St. Nikolai aufrechtzuerhalten.
In 2013 hatte sich die Operation Gomorrha, der auch die ehemalige Hauptkirche St. Nikolai weitgehend zum Opfer fiel, zum 70. Mal gejährt. Auch in Hinblick auf dieses Datum hatte die Bürgerschaft Ende 2011 auf Antrag der SPD-Fraktion bereits 700.000 EUR aus dem Sanierungsfonds für ein Schadensgutachten zum Mahnmal zur Verfügung gestellt. In der Zwischenzeit hatte der Senat nun in seinem Bericht dargelegt, dass sich die Kosten für eine Instandsetzung insgesamt auf 15,25 Mio belaufen würden. Davon hatte der Bund knapp die Hälfte übernommen. Auf Beschluss der Bürgerschaft (20/9101) wurden die restlichen 7,25 Mio ebenfalls aus dem Sanierungsfonds zur Verfügung gestellt.
Im Gewölbe wurde am 1. September, zum Jahrestag des Kriegsbeginns 1939, eine Dauerausstellung zum Luftkrieg eröffnet, die unterschiedliche Aspekte wie z.B. auch Hamburgs Rolle als Wehrmachtsstandort mitbeleuchtet.
Deserteursdenkmal?
Eine Expertinnen- und Expertenanhörung des Kulturausschusses im April 2012 hat gezeigt, dass eine gründliche politische Aufarbeitung der Thematik der Deserteure im Zweiten Weltkrieg und der Opfer der nationalsozialistischen Militärjustiz insgesamt noch aussteht. Die Geschichte der mit 15 Kriegsgerichten, dem Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis in Altona, den Hinrichtungsstätten auf dem Wehrmachtsschießplatz Höltigbaum in Rahlstedt sowie im Untersuchungsgefängnis am Holstenglacis bedeutenden Hamburger Wehrmachtsjustiz samt ihrer Opfer ist bisher wenig erforscht. Alle ‚Fahnenflüchtigen’ galten lange Zeit pauschal als „Vaterlandsverräter“ und wurden nicht als Opfer des NS-Regimes anerkannt.
Alle Fraktionen waren sich darin einig, dass Handlungsedarf bestand. Die SPD-Fraktion hatte daher eine interfraktionelle Initiative angeregt. Der Antrag wurde auf der letzten Sitzung vor der Sommerpause einstimmig beschlossen. In Umsetzung des bürgerschaftlichen Beschlusses zur Realisierung des Projektes „Deserteursdenkmal für die Opfer der NS-Wehrmachtsjustiz“ vom Juni 2012 (Drs. 20/4467) wurde nach Beratung ein Beirat gebildet mit VertreterInnen der politischen Parteien, der Wissenschaft, der Kunst und Architektur und den Verbänden, dem ich selbst auch angehörte und der dreimal getagt hat. Aufgabe des Beirats war, verbindliche Kriterien für das Projekt und die Ausschreibungsbedingungen festzulegen. Des Weiteren wurden 130.000 EUR für den Wettbewerb und 600.000 EUR für die Realisierung bereit gestellt.
Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme konzipierte in dem Zusammenhang eine Ausstellung mit dem Titel „Deserteure und andere Verfolgte der NS-Militärjustiz: Die Wehrmachtgerichtsbarkeit in Hamburg“, die im Januar 2013 in der Rathausdiele zu sehen war.Militärjustiz
Kein Vergessen im Kontorhausviertel
Im September 2020 fand eine Kundgebung zur Erinnerung an die italienischen Militärinternierte in drei großen Lagern im Hamburg Kontorhausviertel statt. Das damalige Lager war im Heinrich-Bauer-Haus, der heutigen Bauer Media Group. Es war aber kein Firmenlager der Bauer Media Group, sondern die Unternehmen wurden nach dem Reichtsleistungsgesetz enteignet. Auf der Kundgebung werden sprachen der italienische Generalkonsul, Giorgio Taborri, ich selbst in meiner Funktion als Vorsitzende des Kultur- und Medienaussschusses, Berthold Bose für ver.di, Harald Jessen von der Bauer Media Group, eine Vertretung der Initiative Dessauer Ufer und vom AK Distomo.
STIGMA
In 2021 wird das Denkzeichen "Stigma" der Künstlerinnen Ute Vorkoeper und Andrea Knobloch realisiert, das aus einem von der Kulturbehörde ausgelobten Kunstwettbewerb als Siegerentwurf hervorgegangen ist. Auf dem Gehweg vor dem ehemaligen Stadthaus wird dann auf die Geschichte des Gebäudes verwiesen werden.Erinnerungsort Lohseplatz
2017 wurde der zentrale Gedenkort mit den Namenstafeln der Opfer an den Gleisrelikten im Lohsepark in der Hafencity fertiggestellt und eingeweiht. Bis 2021 entsteht ein Dokumentationszentrum in unmittelbarer Nähe zum Gedenkort.
Bereits im April war die Ausstellung: „In den Tod geschickt. Die Deportationen von Juden, Roma und Sinti aus Hamburg 1940 bis 1945“ wiedereröffnet worden. Diese Ausstellung befasst sich mit der Verschleppung von Hamburgerinnen und Hamburger in die Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager in Osteuropa und im Baltikum. Über 7700 jüdische, sinti- und romanische Mitbürgerinnen und Mitbürger wurden so deportiert - die meisten kehrten nicht zurück. Mit der Ausstellung am Lohseplatz schloss sich ein Kreis, denn genau hier, am ehemaligen Hannoverschen Bahnhof, wurden die Verschleppten gesammelt und unter katastrophalen Zuständen ins Ungewisse verschickt. Im Zuge der Neugestaltung wurden markante Punkte wieder sichtbar gemacht, wie z.B. die Gleise des Bahnhofes und noch existierende Orte wie der Fruchtschuppen C, in dem 900 Sinti und Roma 5 Tage lang eingepfercht waren.
Erinnerungskultur in Frankreich
In der Nähe von Marseille eröffnete 2012 die erste Gedenkstätte an ein französisches Internierungslager:
Camps des Milles. Zuerst diente die alte Ziegelei zur Internierung von Deutschen - darunter viele KünstlerInnen, die aus Nazi-Deutschland geflohen waren wie Max Ernst oder Lion Feuchtwanger. Dann wandelte es sich in ein Deportationslager, aus dem heraus ca. 2000 Menschen - auch viele Kinder - nach Ausschwitz transportiert wurden.
Beim Konzept gehen die Betreiber neue Wege - bewusst wird angestrebt, eine Brücke in die Gegenwart zu schlagen, um ähnlichen Entwicklungen zukünftig rechtzeitig entgegenwirken zu können.
KZ Gedenkstätte Neuengamme
Erinnerungskultur
"Erinnern ist kein einmaliger Akt, sondern ein notwendiger kontinuierlicher Prozess, bei dem es darum geht, besonders die jeweils nachwachsende Generation anzusprechen und zu beteiligen. Die Stätten der Erinnerung sollen in diesem Prozess zu einem Ort kontinuierlichen Lernens werden und dazu beitragen, dass sich Unrecht nicht wiederholt und die Fundamente der Demokratie stabil bleiben."
So heißt es im Text einer Großen Anfrage der SPD-Fraktion aus dem Jahre 2004 - in Vorbereitung auf den 60. Jahrestag der Befreiung. In Hamburg gibt es mittlerweile über 75 Gedenkstätten. Viele Ausstellungen zum Thema fanden und finden statt - z.B. in der Rathausdiele -, viele Gedenkveranstaltungen haben bereits ihre eigene Tradition wie die Nacht der Jugend im Parlament. Trotzdem gibt es immer noch neue Aspekte zu erforschen, fordern bisher vernachlässigte Opfergruppen, aber auch wenig beachtete Widerstandsaktionen unsere Aufmerksamkeit.Zug der Erinnerung