Bezahlbares Wohnen ist ein Kernanliegen von SPD und Grünen. Neben dem Bau von bezahlbaren Wohnungen ist der Mieter:innenschutz für die Regierungskoalition von zentraler Bedeutung. Der Hamburger Wohnungsmarkt ist ein Mietwohnungsmarkt. Mietrecht ist Bundesrecht. Hamburg nutzt alle rechtlichen Möglichkeiten im Mieter:innenschutz aus und setzt sich u. a. über den Bundesrat für die Regulierung von möblierten Wohnungen und Indexmieten ein. Beides geht zurück auf Initiativen von Rot-Grün (Drs. 21/18917 und Drs. 22/9028) in Hamburg und war im Bundesrat im Jahr 2023 erfolgreich (BR-Drs. 218/23).
Laut Zensus 2022 liegt die Hamburger Durchschnittsmiete im Bestand bei 9,16 Euro/qm und 60 Prozent aller Mieten liegen unter 10 Euro/qm. Von 2011 bis 2023 wurden ca. 30.000 neue Sozialwohnungen errichtet. Der Bestand lag 2023 bei rund 78.000 und konnte damit stabilisiert werden. Deutschlandweit wird derzeit jede zehnte Sozialwohnung in Hamburg errichtet. Die Förderung von 1,5 Milliarden Euro für den Wohnungsbau über die Investitions- und Förderbank im Haushalt 2025/2026 ist auf einem Rekordniveau. In Hamburg existieren vier Förderwege im sozialen Wohnungsbau mit Anfangsmieten zwischen 7,10 Euro/qm und bis zu 12,10 Euro/qm. Von der Wohngeld-Plus-Reform profitieren mittlerweile weit über 30.000 Hamburger Haushalte.
Grundsätzlich und vor dem beschriebenen Hintergrund ist es nicht hinnehmbar, dass es in Hamburg Fälle von überhöhten rechtlich nicht erlaubten Mietzinsen gibt. Der § 556d BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), also die sogenannte Mietpreisbremse, gilt in Hamburg auf Grundlage der Mietpreisbegrenzungsverordnung bis einschließlich Juni 2025 für das gesamte Stadtgebiet. Sie ist ein bewährtes Instrument, um überhöhte Neuvermietungen zu unterbinden. Die bundesgesetzliche Grundlage für die Mietpreisbremse gilt nur noch bis Ende 2025. Hamburg hat sich im Dezember 2024 im Bundesrat für die Verlängerung der Mietpreisbremse bis zum Ende des Jahres 2029 eingesetzt (BR-Drs. 606/24). Die CDU-regierten Länder haben dort jedoch eine sofortige Sachentscheidung zur Initiative Hamburgs und weiterer Länder abgelehnt. Durch die bisherige Mietpreisbremse ist die Miete bei Neuvermietungen in der Regel auf höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzt. Sollte die Mietpreisbremse dauerhaft außer Kraft gesetzt werden, wäre eine Verfolgung möglicherweise überhöhter Mieten nur noch nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz 1954 (WiStrG) möglich.
Bei Mietpreisüberhöhungen nach § 5 WiStrG sind die Bezirksämter zuständig. Danach kann von einer Ordnungswidrigkeit unter anderem ausgegangen werden, wenn ein:e Vermieter:in vorsätzlich oder leichtfertig unangemessen hohe Mietzinsen mit seiner oder seinem Mieter:in vereinbart. Hierbei muss die bzw. der Vermieter:in jedoch gerade auch das geringe Angebot an vergleichbaren Räumen ausnutzen. Die Bezirksämter müssen den Vermieter:innen gegenüber nachweisen, dass der Mietvertrag mit dem überhöhten Mietzins gerade aufgrund der Mangellage abgeschlossen worden ist und die bzw. der Vermieter:in diese Situation ausgenutzt hat. Aufgrund dieser vom Bundesgerichtshof eng formulierten Anforderungen an den subjektiven Tatbestand ist § 5 WiStrG in der aktuellen Fassung in der Praxis schwer anwendbar.
Hamburg hat sich mit erfolgreichem Beschlussvorschlag bereits auf der Frühjahrs-Justizminister:innenkonferenz 2022 und mit der folgenden Gesetzesvorlage des Bundesrates für eine Reform des § 5 WiStrG eingesetzt (vgl. "Entwurf eines Gesetzes zur besseren Bekämpfung von Mietwucher", BT-Drs. 20/1239). Diese Initiativen beinhalteten einerseits, auf das in der Praxis immer wieder Beweisprobleme schaffende subjektive Tatbestandsmerkmal der "Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen" in § 5 Absatz 1 WiStrG zu verzichten und stattdessen bei der Frage der Unangemessenheit auf ein objektives Kriterium, nämlich das "Vorliegen eines geringen Angebots" abzustellen und so den Mieter:innen die Durchsetzung ihrer Rechte zu erleichtern. Andererseits war Gegenstand der Initiativen, den nicht mehr zeitgemäßen Bußgeldrahmen von maximal 50.000 Euro auf 100.000 Euro zu erhöhen, um dessen generalpräventive Wirkung deutlich zu stärken. Hamburg muss vor diesem Hintergrund Initiativen auf Bundesebene zur Reform von § 5 WiStrG weiterhin unterstützen, die insbesondere das subjektive Element des Ausnutzens streichen.
Gleichzeitig gilt es, in Hamburg eine zentrale Anlaufstelle gegen Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStrG einzurichten. Diese Anlaufstelle soll den bezirklichen Wohnraumschutz entlasten und Hinweisen zu Mietpreisüberhöhungen nachgehen. Da im Einzelfall den § 5 WiStrG zur Anwendung zu bringen sehr schwierig und personalintensiv sein kann, müssen dafür die notwendigen und auch personellen Ressourcen bereitgestellt werden. Der Beweis, dass im jeweiligen Fall ein Ausnutzen der Mangellage vorliegt, kann schwer zu erbringen sein. Die diesbezüglichen Verfahren sind daher sehr zeitintensiv. Erforderlich sind u. a. umfangreiche Tatsachen-Ermittlungen, Zeugenbefragungen, die Erstellung von Bußgeldbescheiden und ggf. die Führung sich anschließender Gerichtsverfahren. Dafür sollen in der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen die notwendigen Maßnahmen zur Schaffung einer zentralen Anlaufstelle getroffen werden.
Die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Senat wird ersucht,
1. eine zentrale Anlaufstelle zum Thema "Mietpreiserhöhung" nach § 5 WiStrG einzurichten und die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen sowie die erforderlichen Stellengrundlagen und Haushaltsmittel möglichst kurzfristig bereitzustellen;
2. sich weiterhin für eine Reform des § 5 WiStrG auf Bundesebene einzusetzen. Diese Reform muss insbesondere beinhalten, dass das subjektive Tatbestandsmerkmal des Ausnutzens gestrichen wird und der Bußgeldrahmen deutlich erhöht wird;
3. zu prüfen, ob und wie es im Rahmen der Meldungen von Mietpreisüberhöhungen verfahrenstechnisch möglich ist, Mieter:innen bei der Ermittlung der notwendigen Daten des Mietverhältnisses zu entlasten;
4. der Bürgerschaft bis zum 31. März 2026 zu berichten.
Hamburgische Bürgerschaft
11.02.2025
Von den Abgeordneten:
Matthias Czech, Gabi Dobusch, Sabine Jansen, Dirk Kienscherf, Martina Koeppen, Christel Oldenburg, Milan Pein, Arne Platzbecker, Lars Pochnicht, Olaf Steinbiß, Urs Tabbert, Sarah Timmann, Carola Veit, Michael Weinreich, Dagmar Wiedemann