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Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Landesaktionsplan Gewalt gegen Frauen

Aktualisiert: 30.01.2012

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 19. Wahlperiode - 71. Sitzung am 20. Januar 2011

Herr Pr­äsid­ent, mei­ne Da­men und Her­ren! Wir de­bat­tie­ren hier ei­ne Se­nats­mit­tei­lung vom De­zem­ber 2010, mit der der Se­nat nun end­lich die lan­ge er­war­te­te Fort­sch­rei­bung des Op­fer­schutz­plans und zu­g­leich die Ant­wort auf ein Er­su­chen der Bürgers­cha­ft zum The­ma Ge­walt ge­gen Frau­en vor­legt. Mei­ne Frak­ti­on hat­te im Ju­ni 2009 ei­nen An­trag vor­ge­legt, in dem wir ei­nen ei­genständ­ig­en Lan­des­ak­ti­ons­plan Ge­walt ge­gen Frau­en ge­for­dert ha­ben. Wir ha­ben in die­sem An­trag ei­ne gan­ze Rei­he von Vor­schl­ägen ge­macht, wie die Wah­rung des Men­schen­rechts auf ein Le­ben oh­ne Ge­walt für Frauen in Ham­burg bes­ser durch­ge­setzt wer­den kann. Ei­ni­ge von die­sen Vor­schl­ägen fin­den sich jetzt in die­sem Ak­ti­ons­plan; dar­über sind wir na­türlich er­f­reut. Ich möchte auch den Hin­weis auf den Wunsch nach ei­ner Ver­bes­se­rung der Da­ten­la­ge, der Qua­litätse­ntw­ickl­ung und der Tätera­rb­eit her­vor­he­ben; das ist al­les sehr lo­bens­wert, doch ich kom­me auch gleich auf das Aber zu sp­re­chen.
Un­se­re Vor­schläge wa­ren vom Ju­ni 2009. Seit­her la­gen sie auf dem Tisch und seit­her hat der Se­nat uns im­mer wie­der hin­ge­hal­ten. Ich er­lau­be mir, Sie bei­spiels­wei­se an ei­ne Sit­zung des So­zial­aus­schus­ses En­de 2009 oder An­fang 2010 zu er­in­nern, in der die Se­nats­sei­te um Zu­stim­mung für eine klei­ne Ver­schie­bung des The­mas ge­be­ten hat­te. Sie woll­ten das The­ma erst un­gefähr drei Mo­na­te sp­äter be­han­deln, al­so im März oder April, weil die lan­ge überfäll­ige Ak­tua­li­sie­rung des Op­fer­schutz­plans an­geb­lich kurz be­vorstünde u­nd es da­her wünsche­nswert wäre, un­se­ren An­trag auf ei­nen Lan­des­ak­ti­ons­plan zur Bekämpf­ung von Ge­walt ge­gen Frau­en erst da­nach, qua­si auf Fo­lie die­ses dann ak­tua­li­sier­ten Lan­des­ak­ti­ons­plans, zu dis­ku­tie­ren und auf die Ta­ges­ord­nung zu neh­men. Ich ha­be mich da­mals un­ter der Be­din­gung dar­auf ein­ge­las­sen, dass der Op­fer­schutz­plan vor dem 8. März, dem In­ter­na­tio­na­len Tag der Frau­en, vor­ge­legt wird, weil es mir un­zu­mut­bar er­schi­en, die Frau­en noch wei­ter zu ver­tr­östen. Die Behörde­nve­rtr­e­te­ri­nnen und -ver­t­re­ter – ich ha­be das noch ein­mal nach­ge­le­sen – si­g­na­li­sier­ten da­mals auch Zu­stim­mung, dass das zu schaf­fen sei. Nun ist der 8. März 2010 ver­s­tri­chen, oh­ne dass von Se­nats­sei­te ir­gendet­was vor­ge­legt wor­den wäre. Sie wer­den al­so mei­ne doch mäßi­ge Be­geis­te­rung ver­ste­hen, dass im De­zem­ber 2010 auf den al­ler­letz­ten Dr­ücker diese Ak­tua­li­sie­rung des Lan­des­ak­ti­ons­plans Op­fer­schutz, der tat­sächl­ich noch aus dem Jahr 2007 stammt, vor­ge­s­tellt wur­de, qua­si mit ei­nem Jahr Ver­sp­ätung – das se­he ich doch rich­tig? –, denn ich ver­mu­te nicht, dass den Ver­t­re­tern des Se­nats da­mals schon be­kannt war, dass der 8. März 2010 gar kei­ne rea­lis­ti­sche Op­ti­on war. Man könnte jetzt glau­ben, was lan­ge währt, wird end­lich gut. Wir wa­ren al­so ei­ni­ger­ma­ßen ge­spannt auf das Er­geb­nis, aber Sie wer­den es schon ver­mu­ten. Die Ak­tua­li­sie­run­gen, die der Se­nat nun vor­ge­s­tellt hat, sind aus un­se­rer Sicht nicht aus­rei­chend.
(Olaf Ohl­sen CDU: Tat­sächl­ich?) Sie zeich­nen sich durch die erst­ma­li­ge Berücksich­tigu­ng neu­er Op­fer­grup­pen und neu­er Ge­waltph­änom­ene aus; Frau Ko­op hat be­reits dar­auf hin­ge­wie­sen. Es fin­den sich da­rin Ab­schnit­te zur Ge­walt in gleich­ge­sch­lecht­li­chen Be­zie­hun­gen und auch die Ge­wal­t­er­fah­run­gen von Männ­ern wer­den an­ge­spro­chen. Als neue Ge­waltph­änom­ene wer­den zum Bei­spiel Hass­kri­mi­na­lität, Geni­tal­verstümmelu­ng bei Frau­en und die Rol­le des In­ter­nets an­ge­spro­chen. Ich sa­ge aus­drücklich, dass mir das gut ge­fal­len hat. Ich sa­ge aber ge­n­au­so aus­drücklich, dass mich die vor­ge­leg­te Fort­set­zung im Gan­zen nicht überzeugt.
(Rolf Har­ling­hau­sen CDU: Klei­ne Rau­pe
Nim­mer­satt!)
Das Aufzähl­en viel­fält­igst­er Ge­waltph­änom­ene wird den ein­zel­nen Ph­änom­en­en näml­ich nicht ge­recht.

Mit der Be­nen­nung von Pro­b­le­men al­lei­ne ist es nicht ge­tan. Wenn überhaupt kon­k­re­te Ma­ßnah­men vor­ge­schla­gen wer­den, dann wer­den die­se erst jetzt, in die­sem Quar­tal, an­ge­fasst oder es han­delt sich um die be­lieb­ten Prüfauft­räge, die dann ir­gend­wann in fer­ner Zu­kunft um­ge­setzt wer­den sol­len. Das kann es doch nicht sein. (Olaf Ohl­sen CDU: Lie­ber sp­ät als nie!) Ich kom­me noch ein­mal auf das The­ma Ge­walt ge­gen Frau­en zurück. Auf Sei­te 6 die­ses Lan­des­ak­ti­ons­plans wird aus­drücklich dar­auf ver­wie­sen, dass im Fo­kus die­ser Fort­set­zung die Bekämpf­ung von Ge­walt ge­gen Frau­en ste­hen soll. Die­sen Ein­druck hat­te ich nach der Lek­t­üre des Lan­des­ak­ti­ons­plans nicht.
(Bei­fall bei Kers­ten Ar­tus und Meh­met Yil­diz, bei­de DIE LIN­KE) Frau Ko­op, auch Ih­rer Re­de konn­te man ent­neh­men, dass mitt­ler­wei­le der Schwer­punkt auf ganz an­de­ren The­men liegt und das The­ma Ge­walt ge­gen Frau­en zu ei­nem Randph­änom­en ge­wor­den ist. Das wird der Sa­che nicht ge­recht. Ich möchte des­halb ein­fach noch ein­mal ein paar Fak­ten in Er­in­ne­rung ru­fen. Je­de vier­te Frau er­lebt in ih­rem Le­ben min­des­tens ein­mal Ge­walt durch ei­nen Le­ben­s­part­ner. Es han­delt sich al­so bei Ge­walt ge­gen Frau­en nicht um ein Randph­änom­en, son­dern um et­was, was sich in­mit­ten un­se­rer Ge­sell­schaft ab­spielt und kei­nes­wegs nur ein The­ma im Zu­sam­men­hang mit be­nach­tei­lig­ten Grup­pen ist. Die Fol­ge­kos­ten die­ser von Männ­ern aus­geübten ­Gewa­lt, ich möchte das aus­drücklich so noch ein­mal be­nen­nen, wer­den in der Bun­des­re­pu­b­lik auf et­wa 14,5 Mil­li­ar­den Eu­ro pro Jahr geschätzt. Hie­rin ent­hal­ten sind dann et­wa die Kos­ten für Justiz und Po­li­zei, aber auch für ärztlic­he Be­hand­lun­gen und Aus­fall­zei­ten am Ar­beits­platz.
An­ge­sichts die­ser Zah­len möchte ich sa­gen, dass der hier vor­ge­leg­te Op­fer­schutz­plan un­se­re Vor­stel­lun­gen ei­nes wirk­sa­men Schut­zes von Frau­en vor Ge­walt nicht er­füllt. D­as The­ma Frau­en­häus­er, das in den letz­ten Mo­na­ten noch ein­mal ei­ne un­er­freu­li­che Ak­tua­lit­ät g­ew­onn­en hat, wird zum Bei­spiel gar nicht wei­ter erwähnt. Die­je­ni­gen, die an der Anh­örung teil­ge­nom­men ha­ben, in der wir mit Ex­per­tin­nen und Ex­per­ten über die Si­tua­ti­on in den Frau­en­häus­ern in Ham­burg, aber auch im Um­land ge­spro­chen ha­ben, wer­den sich da­ran er­in­nern, dass wir al­le mit­ge­nom­men ha­ben, dass drin­gend et­was ge­tan wer­den muss und dass das ei­ne völlig un­be­frie­di­gen­de Si­tua­ti­on für die Frau­en ist. Über die­se Tat­sa­chen kann un­se­res Er­ach­tens auch die Auf­nah­me neu­er Pro­b­lem­be­rei­che, so lo­bens­wert das ist, nicht hin­weg­tr­östen.
Ich möchte aber zum Schluss noch ein paar po­si­ti­ve Fak­ten her­vor­he­ben. Ich ha­be mich na­türlich ge­f­reut, dass ab 2011 nun doch bei den Staats­an­walt­schaf­ten, wie in un­se­rem An­trag ge­for­dert, Son­der­de­zer­na­te für häuslic­he Ge­walt ein­ge­rich­tet wer­den sol­len. Das kommt spät, aber es ist au­ßer­or­dent­lich er­freu­lich, dass die­ses so ent­schie­den wur­de.
(Karl-Heinz Warn­holz CDU: Schön, das ist doch gut!) Un­ser Vor­schlag zum The­ma Work­place Po­li­cy, et­was, das in Ber­lin, wie wir in der Anh­örung gehört ­haben, sehr er­folg­reich durch­geführt wu­rde, ist in die­sem Op­fer­schutz­plan erwähnt. Es gibt na­türlich noch kei­ne kon­k­re­te Pla­nung, was wir be­dau­ern, aber im­mer­hin wur­de es als Idee und Vor­schlag auf­ge­grif­fen. Es freut mich persönli­ch auch ganz be­son­ders, dass das The­ma Men­schen­han­del ge­ra­de zum Zwe­cke der Aus­beu­tung der Ar­beits­kraft eben­falls berücksich­tigt wur­de.
Mein last, not least, Frau Ko­op, lau­tet so: Ich hof­fe, dass wir das The­ma Ge­walt ge­gen Frau­en ab März mit dem nötigen Elan und auf der Grund­la­ge neu­er Mehr­hei­ten dann end­lich ge­ziel­ter und wir­kungs­vol­ler an­ge­hen können. Bis da­hin be­dan­ke ich mich für Ihre Auf­merk­sam­keit. – Vie­len Dank. (Bei­fall bei der SPD und bei Kers­ten Ar­tus DIE LIN­KE)



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