Aktualisiert: 30.01.2012
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 20. Wahlperiode - 21. Sitzung am 24. November 2011
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr, Wersich, jemandem, der vorhatte, Museen zu schließen, müsste es doch ein bisschen peinlich sein, sich jetzt hier hinzustellen und als Retter der Nation aufzuspielen. (Beifall bei der SPD)
Sie hätten Ihren Kultursenator coachen sollen, das hätte vielleicht etwas genutzt. Jetzt haben Sie verbrannte Erde hinterlassen. Sie sind schon abgewählt, Ihre Worte nutzen Ihnen jetzt nichts mehr. (Beifall bei der SPD – Birgit Stöver CDU: Das ist Aufgabe der Opposition!)
Meine Damen und Herren! Wir haben in unserem Regierungsprogramm versprochen, die Abwärtsspirale Hamburgs als Kulturmetropole zu stoppen und den einmaligen Negativtrend von Kürzungen, Streichungen und Schließungen unter SchwarzGrün umzukehren. Genau das haben wir getan, Schritt für Schritt und konsequent.
(Beifall bei der SPD)
Herr Wersich, ob Sie das glauben oder nicht, in diesem Punkt sind wir uns, Senat und Fraktion, völlig einig.
(Dennis Gladiator CDU: Welch Wunder!)
Das können Sie sich natürlich nicht vorstellen. Mit dem vorliegenden Haushalt entlastet der Senat kulturelle Flagschiffe wie das Deutsche Schauspielhaus, die Privattheater, die Öffentlichen Bücherhallen und die Historischen Museen von den Konsolidierungsverpflichtungen, die der schwarz-grüne Haushaltsplan-Entwurf noch vorgesehen hatte. Wir erhalten alle Museen und machen im Kulturbereich Kürzungsvorhaben von insgesamt 4,7 Millionen Euro rückgängig.
(Beifall bei der SPD)
Den Museen übertragen wir zudem 1 Million Euro aus dem Sonderausstellungsfonds, um ihnen perspektivisch mehr Planungsspielraum zu geben. Die Renovierung der Bühnenmaschinerie des
Schauspielhauses ist ebenfalls endlich eingeplant und erstmals werden Mittel für ein Dokumentationszentrum am Lohseplatz, Stichwort Erinnerungsorte in Hamburg, bereitgestellt. Gleichzeitig führen wir vieles fort. Das Frauenmusikzentrum will ich erwähnen, die Archivsicherung und das wunderbare Ensemble Resonanz, dessen Förderung wir fortsetzen. Das sind erste Schritte hin zu der Planungssicherheit und verlässlichen Finanzierung, die wir den Kulturschaffenden dieser Stadt zukünftig wieder bieten wollen
(Beifall bei der SPD)
und aus unserer Sicht auch bieten müssen, denn Ausgaben für Kultur sind notwendige Investitionen in die Zukunft unserer Stadt.
Apropos verlässliche Finanzierung: Herr Wersich, auch wir wollen die Kulturtaxe, wir werden dem zustimmen, da haben Sie recht. Bis wir aber die Einnahmen haben, bis dahin bleiben wir doch bitte schön auf den Tatsachen des Einzelplans 3.3. Sie kennen doch den Spruch mit dem Bärenfell, lassen Sie uns das Tier doch erst einmal erlegen, bevor wir das Fell verteilen.
(Beifall bei der SPD)
Das gilt natürlich auch für die Anträge der anderen Fraktionen, die sich auf diesen Deckungsvorschlag berufen.
(Farid Müller GAL: Zerlegen!)
Frau Goetsch, speziell zu Ihrem Antrag: Ich hätte die Förderung für das Ensemble Resonanz auch gern jetzt heraufgesetzt. Was ich aber nicht verstehe, was ich bei Ihnen nicht verstehe und auch bei Herrn Wersich nicht, Sie hatten doch drei Jahre lang Zeit, alles das auf den Weg zu bringen, was Sie heute fordern. Wir haben dazu nichts, aber auch gar nichts in den Haushalts-Entwürfen von Schwarz-Grün gefunden. Versprochen haben Sie offenbar viel, aber geliefert haben Sie nichts, nicht schwarzweiß auf Papier jedenfalls.
(Beifall bei der SPD)
Meine Damen und Herren! Auch die prekäre Situation der freien Tanz- und Theaterszene ist nichts Neues, das war lange bekannt. Hier Abhilfe zu schaffen und Forderungen aus der vorliegenden Potenzialanalyse umzusetzen, ist uns ein großes Anliegen. Viel davon wurde bereits mit der neuen Richtlinie vom 1. November umgesetzt, einiges, wie ein geändertes Juryverfahren, wird noch folgen. Die Forderung allerdings nach einer wirklich drastischen Erhöhung in diesem Bereich konnten wir aus dem Stand heraus nicht erfüllen.
Aber wir machen einen ersten Schritt, und wir steigen ein in eine längst überfällige Nachwuchs- und Konzeptförderung. Zusammen mit der Aufstockung bei Kampnagel setzen wir damit die richtigen Impulse für eine lebendige internationale Tanz- und Theaterszene, wie Hamburg sie braucht. Wenn wir eine Theaterstadt mit überregionalem Ruf sein wollen, braucht es dazu auch den Humus, die Netzwerke und natürlich auch die Privat- und Off-Theater und das richtige politische Umfeld. Jemand muss den Theaterschaffenden signalisieren, dass sie in dieser Stadt hochwillkommen und gewollt sind. Darin war der Vorgängersenat auch nicht gerade Spitzenklasse.
(Zuruf von Robert Heinemann CDU)
– Sie hatten da auch einen Senator, den haben Sie wohl schon vergessen, ist vielleicht besser so. Den zweiten Akzent setzen wir im Musikbereich beim Jazz. Wie wir in der vergangenen Legislaturperiode fraktionsübergreifend feststellen mussten, fehlt es hier an vielen Ecken und Enden. Wir stärken nun vor allem die Struktur und die kleinen Clubs, um Hamburg dieses riesige Potenzial zu erhalten, das weit über den engeren Jazzbereich hinaus auf andere Musikrichtungen positiv ausstrahlt. Übrigens, die lange von uns geforderte Clubstiftung hat der Senat auch schon auf den Weg gebracht.
(Beifall bei der SPD)
Man kann in Hamburg nicht mehr sprechen, ohne die Elbphilharmonie zu erwähnen. Auch wenn man manchmal in's Grübeln gerät angesichts des fantastischen Gebäudes, das langsam,
(Dietrich Wersich CDU: Zurzeit gar nicht!) natürlich zu langsam im Hafen Gestalt annimmt, kann ich mich nur dem Architekten anschließen, der bekannte: "Ich glaube an das Projekt." Herr de Meuron, wir auch. Wir sind uns auch sicher, dass der von unserer Kultursenatorin nun eingeschlagene konsequentere, transparentere und in Teilen auch konfrontative Kurs der bessere und auch der zielführendere für diese Stadt ist.
(Beifall bei der SPD)
Dieser Kulturetat steht in einem Gesamtkonzept. Wir haben einen Überbrückungsfonds bezirkliche Stadtteilkulturarbeit aufgelegt, wir haben einen Sanierungsfonds eingerichtet, es werden Millionen Euro in Richtung Gängeviertel gehen, "Hamburg Kreativ Gesellschaft", Oberhafenquartier, ViktoriaKaserne – diesem Senat kann niemand den Vorwurf machen, er hätte die Bedeutung der Kunstund Kreativszene für Hamburg nicht erkannt. (Beifall bei der SPD)
Gar keine Frage, die Kultur- und Kreativwirtschaft ist ein bedeutender Standortfaktor für Hamburg. Es ist auch gar keine Frage, dass wir gerade in Zeiten des Wandels Orte der Kreativität brauchen und öffentliche Foren für die Themen und Belange der Gesellschaft.
Meine Damen und Herren! Der Bürgermeister hat es vorgestern mit sehr viel Verve ausgeführt. Wir sind eine wachsende Stadt. Ich möchte hinzufügen, dass wir auch deshalb eine wachsende Stadt sind, weil wir eine vielstimmige, vielfältige und vitale Kulturlandschaft haben. Kultur gehört eben unabdingbar zur Lebensqualität und zum Lebensgefühl vieler Menschen dazu. Hier liegt unsere staatliche Verantwortung und hier liegt auch unsere Chance, auf eine gemeinsame, kulturelle Identität zu setzen, die die Verschiedenheit von alteingesessenen und neu dazugekommenen Bürgerinnen und Bürgern produktiv zum Schwingen bringt. Deshalb war es richtig, die Sparvorgaben des schwarz-grünen Senats zurückzunehmen, nach Wegen zu suchen, die gewachsene Substanz möglichst auf dem erreichten Niveau zu halten oder zu verbessern und trotz Schuldenbremse zugleich Möglichkeiten der strukturellen Erneuerung zu eröffnen – siehe Stiftung Historische Museen. Wir haben die Abwärtsspirale Hamburgs als Kulturmetropole gestoppt und den Negativtrend von Kürzungen, Streichungen und Schließungen wieder umgedreht. Kultur für alle ist und bleibt das Ziel, auf das wir alle gemeinsam hinarbeiten sollten. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)