Aktualisiert: 30.01.2012
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 20. Wahlperiode - 24. Sitzung am 25. Januar 2012
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Wersich, ich wollte eigentlich damit anfangen, dass wir uns beim Thema Kulturtaxe ausnahmsweise alle einmal weitgehend einig sind, aber Sie machen es einem wirklich nicht leicht.
Aber gut, zur Kulturtaxe: Die CDU will sie, die GAL will sie, die LINKE auch – die FDP lassen wir jetzt einmal außen vor – und wir, die SPD, wollen sie auch.
(Vereinzelter Beifall bei der CDU)
Wobei das nur in Hamburg so aussieht, in anderen Bundesländern sieht es ganz anders aus. Ich habe zum Beispiel mit etwas Schmunzeln vernommen, Herr Wersich, dass Ihre Kollegen in Bremen das ganz anders sehen, da zieht die CDU überhaupt nicht mit.
Die Kulturtaxe ist beileibe keine Hamburger Idee. Diese Idee grassiert in der ganzen Welt. In rund 50 Kommunen der Bundesrepublik wird über sie diskutiert. Bevor wir uns wieder über die Urheberschaft streiten:
(Jens Kerstan GAL: Das waren wir, das ist ganz eindeutig!)
Es gibt eine solche Abgabe bereits in Sri Lanka, in der Schweiz, in New York, in Rom.
(Robert Heinemann CDU: Dann machen Sie doch einfach, Mensch!)
Ich mag gar nicht aufzählen, wer sich in Deutschland schon alles mit ihr beschäftigt hat, wer sie schon eingeführt hat, wer sie einführen wird und wer bereits dabei ist, einen zweiten Anlauf zu nehmen, denn Sie wissen, dass die Sache gar nicht so einfach ist. So manches Verwaltungsgericht hat der einen oder anderen Regierung da durchaus schon einen Strich durch die Rechnung gemacht – siehe München.
So einfach, wie die CDU das präsentiert hat, ist es nämlich nicht. Noch ist es sehr schwer abzuschätzen, was von den Gerichten in Deutschland wie beurteilt wird. Damit sind wir an einem ganz entscheidenden Punkt. Was nutzt uns denn die ganze Eile, wenn wir damit ein Scheitern riskieren? Was nutzt uns ein voreiliges Verteilen von Mitteln, die wir unter Umständen gar nicht zur Verfügung haben werden, Herr Wersich? Wir bleiben deshalb bei dem Termin zur Einführung der Kurtaxe in 2013, den wir im November bereits beschlossen haben. Wir tragen damit dem Prinzip "Rechtssicherheit geht vor Schnelligkeit" Rechnung und vermeiden gleichzeitig Probleme bei der Bewältigung des Verwaltungs- und Kalkulationsaufwands, die mit der Einführung einer solchen Abgabe verbunden sind.
(Glocke)
Vizepräsidentin Kersten Artus (unterbrechend): Frau Dobusch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wersich?
Gabi Dobusch SPD (fortfahrend): Nein. Sie können sich gleich noch einmal melden, Herr Wersich. In anderen Kommunen musste die Einführung der Abgabe bereits verschoben werden, um der Tourismusbrache die Chance zu geben, die nötigen Umstellungen bei Software und Vertragsverhandlungen vornehmen zu können. Das soll uns in Hamburg nicht passieren.
Meine Damen und Herren! Wir sind in der eigentlich beneidenswerten Lage, dass unsere Ideen hinsichtlich der Einführung einer Kulturtaxe von den örtlichen – ich nenne sie jetzt einmal so – Betroffenen mitgetragen werden, zumindest weitestgehend oder unter gewissen Umständen. Das sieht in anderen Städten ganz und gar nicht so aus. Dem wollen wir insofern entgegenkommen, als dass wir sorgfältig mit deren Belangen umgehen; das gehört sich aus unserer Sicht so.
(Beifall bei der SPD)
Zu der partei- und akteurübergreifenden Akzeptanz beigetragen hat sicher auch die Tatsache – es wurde heute in mehreren Pressemeldungen noch einmal aufgegriffen –, dass wir in Hamburg von Anfang an von einer Kulturtaxe gesprochen haben. In einigen Städten gab es so etwas wie eine Sexsteuer, darüber haben wir nicht gesprochen. Wir sprechen von Kulturtaxe und nicht Bettensteuer, Beherbergungsabgabe oder Kopfgeld; die DEHOGA hat von Matratzen-Maut gesprochen. Selbst City-Tax – ein Begriff, der in Berlin bevorzugt wird und andernorts als optimal gilt, weil er irgendwie international angehaucht ist – bietet sich für Hamburg gerade vor dem Hintergrund des von der CDU im Wahlkampf an die Wand gemalten Schreckgespenstes City-Maut nicht so recht an. (Glocke)
Vizepräsidentin Kersten Artus (unterbrechend): Verzeihen Sie bitte, Frau Dobusch. – Ich bitte, die Gespräche auf den Bänken einzustellen oder gegebenenfalls hinauszugehen.
– Fahren Sie bitte fort.
Gabi Dobusch SPD (fortfahrend): – Danke, Frau Präsidentin.
Wenn Kulturtaxe draufsteht, dann sollte allerdings – der Meinung bin ich auch – auch Kultur mit drinstecken. Das heißt, es gilt Wege zu finden, zumindest eine politische Zweckbindung der Einnahmen zu erreichen, wenn dies formal nicht machbar ist. Es gilt, die Verwaltungskosten so gering wie möglich zu halten. Und es gilt, die richtige Balance zu finden zwischen den durchaus berechtigten Interessen aus dem Bereich Tourismus/Marketing und den von uns erhofften, gewünschten, gewollten und vor allen Dingen auch benötigten positiven Auswirkungen auf die – wohlgemerkt – gesamte Kultur in unserer Stadt.
Der Tourismusbranche in Hamburg geht es derzeit nicht schlecht. Wir alle kennen die neuen Zahlen: Die Auslastung ist gestiegen. Diese erfreuliche Entwicklung wollen wir keineswegs hemmen oder deckeln, sondern eher noch befördern. Der Anteil der internationalen Gäste in Hamburg ist aber durchaus ausbaufähig.
Die Kultur in Hamburg ist durch das Scheitern der schwarz-grünen Regierung – wir haben die Zeit gegen Ende eben dieser Regierung alle noch in unguter Erinnerung – knapp vor einem größeren GAU bewahrt worden. Nicht unwesentlich zum Ergebnis der Wahl hat sicherlich die Aussage meiner Partei beigetragen, wieder zu einer verlässlichen Finanzierung im Kulturbereich zu kommen und langfristige Planungen zu ermöglichen. Wenn wir dabei auch eine Wiedererstarkung einiger Bereiche wie der uns sehr am Herzen liegenden freien Theaterszene möglich machen und die Musikstadt Hamburg – Stichwort Elbphilharmonie – weiterentwickeln wollen, dann sind wir gut beraten, gemeinsam über das Instrument Kulturtaxe und den sinnvollen Einsatz der daraus zu generierenden Mittel nachzudenken.
Ich hatte in der Haushaltsdebatte zum Einzelplan Kultur bereits darauf hingewiesen, dass wir als Stadt auch deshalb attraktiv sind und wachsen, weil wir Kulturstadt sind. Die wirtschaftliche Kraft alleine ist es nicht, Wohnraum alleine ist es auch nicht. Die Lebensqualität wird heute nach ganz anderen Maßstäben bemessen und das Kulturangebot – möglichst in allen Facetten, vielfältig und zugänglich für alle Bürgerinnen und Bürger – spielt dabei eine immer größer werdende, entscheidende Rolle. Deshalb gilt es tatsächlich, Möglichkeiten auszuloten, die zukünftig durch die Kulturtaxe freiwerdenden Mittel nicht nur in den unter Tourismusgesichtspunkten interessanten Bereichen der Kultur einzusetzen, sondern verstärkt auch in anderen Bereichen, nämlich in den für die Hamburgerinnen und Hamburgern wichtigen Bereichen: vor der eigenen Haustür, im Kinder- und Jugendbereich oder in dem als Humus für eine kreative Stadt absolut notwendigen freien Bereich oder, oder, oder. Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen versichern, wir Kulturinteressierte und die Kulturschaffenden in der Stadt hätten da viele schöne Ideen; an Ideen dazu mangelt es ganz bestimmt nicht. Ich würde es durchaus begrüßen, wenn es uns gelänge, für auswärtige Gäste und Hamburgerinnen und Hamburger zugleich Kultur in Hamburg interkultureller und internationaler auszurichten und vermehrt Impulse in unsere lebendige Kultur- und Kreativszene zu holen, die unserem eigenen Anspruch gerecht werden, Tor zur Welt und nicht nur Kulturstadt, sondern bitte auch Kulturmetropole zu sein.
Es geht nicht mehr grundsätzlich um die Frage, Kulturtaxe ja oder nein – die Fraktionen sind sich da mehrheitlich einig –, es geht nicht mehr um das Einführungsdatum – wir haben 2013 gesagt –, (Robert Heinemann CDU: Doch, genau darum geht es!)
es geht aber sehr wohl noch um die Ausgestaltung im Detail. Wir stimmen daher einer Überweisung des CDU- und des GAL-Antrags an den federführenden Kulturausschuss sowie den mitberatenden Wirtschaftsausschuss zu und freuen uns auf eine sehr konstruktive Diskussion mit Ihnen allen. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)